Ein weiteres Gerät, welches im VEB Wissenschaftlich Technischen Zentrum des Kraftverkehrs Dresden (kurz WTZK) entwickelt und in die Serienproduktion überführt wurde, war der Mobile Fahrscheindrucker für Kraftomnibusse (KOM), der den Gerätenamen FABUS 1 (FAhrscheindrucker BUS) erhielt. Mit dem FABUS 1 sollten die bisher aus Großbritannien importierten mechanischen Setright Fahrscheinducker[6] (NSW-Importe) abgelöst werden.
Das Thema FABUS 1 wurde 10/87 vom WTZK mit der Entwicklungsstufe K11 abgeschlossen.[4] Produzent für den FABUS 1 wurde letzendlich das VE Verkehrskombinat Gera (VK Gera), nachdem der ursprünglich vorgesehene Produktionsbetrieb PGH Registriertechnik Karl-Marx-Stadt nicht die Produktionsgenehmigung vom Rat der Stadt Karl-Marx-Stadt, Abt. ÖWV erhielt. Nach Angaben eines damaligen Beschäftigten des VK Gera wurden etwa 350 Geräte produziert, allerdings ist in einer früheren Unterlage auch von 620 Geräten die Rede. Damit war bis zur Währungsunion bzw. Wiedervereinigung noch lange keine flächendeckende Ausrüstung der Busse der DDR Verkehrsbetriebe erreicht. Als relativ gesichert gilt die Ausstattung der Busse mit dem FABUS 1 in den Verkehrsbetrieben der Bereiche Karl-Marx-Stadt (Chemnitz), Dresden, Freital, Gera und Annaberg.
FABUS 1 Hardware
Beim FABUS 1 handelt es sich um ein Mikroprozessor gesteuertes Gerät mit Bausteinen aus der U880-Familie. Basis des Mikrorechners ist die 8bit-CPU VB880D (2,5MHz), die Peripherieschaltkreise VB855D (PIO) für Abfrage der Tasten sowie zur Ansteuerung der LED-Anzeige und des Druckwerks und der Zähler/Zeitgeber VB857D (CTC). Zur Anzeige dient eine 4-stellige 7-Segment-Anzeige sowie vier Einzel-LEDs. Über eine Tastatur aus 10 Zifferntasten und einigen Funktionstasten erfolgt die Bedienung des Gerätes.
Ein eingebauter Belegdrucker realisiert den Fahrscheindruck auf Rollenpapier (Breite 30mm, Durchmesser max. 80mm, Kern 12mm). Mit einer Rolle können etwa 700 Fahrscheine gedruckt werden. Die Farbband-Kassette muss nach etwa 20.000 Fahrscheinen erneuert werden. Das Druckwerk ist eine Eigenentwicklung des WTZK, basierend auf einem zugekauften Nadeldruckkopf und einem Schrittmotor vom VEB Robotron Büromaschinenwerk Sömmerda.
Die Stromversorgung erfolgt aus dem 24V-Bordnetz über Kfz-Stecker an der im Kraftomnibus installierten Kfz-Steckdose (TGL 27292/01-04). Über einen Sicherheitsschlüssel kann der FABUS 1 eingeschaltet werden. Um unbefugte Benutzung zu verhindern, musste das Gerät beim Verlassen des KOM ausgeschaltet und der Schlüssel abgezogen werden. Der momentane Datenbestand und Betriebsstatus des FABUS bleibt auch im abgeschalteten Zustand erhalten.
Die Elektronik des FABUS 1 ist auf vier Leiterplatten aufgeteilt.
- ZLP - (WTZK 7990) zentrale Leiterplatte mit allen Mikrorechnerkomponenten und der Leistungselektronik zur Ansteuerung von Schrittmotor und Nadeldruckkopf
- GSW - (WTZK 7995) Gleichspannungswandler - erzeugt aus der 24V-Bordspannung des KOM die intern benötigten Spannungen 5P, 12P und 30P
- ANZ - (WTZK 7780) Anzeigemodul - enthält die 7-Segment-Anzeigen und die Einzel-LEDs, einen BCD-zu-7-Segment-Dekoder und die Digitansteuerung
- TAST - (WTZK 7805) Tastaturmodul - enthält die 20 Tasten der Bedientastatur (Hall-Taster TSH19F)
Zur Spannungsversorgung der CMOS-RAM-Bausteine bei fehlender Betriebsspannung wurden Lithiumbatterien LiS 2300 vom VEB Fahrzeugelektrik Pirna (Betrieb des Kombinates VEB Fahrzeugelektrik Ruhla; heute LITRONIK Batterietechnologie GmbH) eingesetzt.[9][10] Sie waren ursprünglich für Herzschrittmacher vorgesehen. Exemplare, die die geforderten Parameter für einen medizinischen Einsatz nicht erreichten, standen der Industrie zur Verfügung. Diese Batterien zeichneten sich durch eine hohe Kapazität bei verhältnismässig geringer Stromergiebigkeit (hoher Innenwiederstand) und geringe Selbstentladung aus. Als Feststoffbatterien sind sie ausserdem absolut auslaufsicher. Kenndaten der LiS 2300 sind:
- Nennspannung 2,8V
- Nennkapazität 2,5Ah
- Nennstromstärke 20µA
- Betriebsdauer >=10 Jahre
- Selbstentladung <=6% in 10 Jahren
Es liegt jedoch auch ein Exemplar des FABUS 1 vor, in dem an Stelle der LiS 2300 eine kleine Huckepack-Platine mit einer CR2032 Batterie verbaut ist.
FABUS 1 Software
Der Programmcode des FABUS 1 ist in zwei 16Kibit-EPROM (U2716C, К573РФ2 [K573RF2]) untergebracht. Operative Daten und die Gerätekonfiguration werden in 1KiB batteriegestütztem CMOS-RAM (UL224D) abgelegt.
Preisberechnung[1]
Der FABUS 1 ist für den Einsatz in KOM auf Linien mit entfernungsabhängigem Tarif konzipiert. Er realisiert die Preisberechnung nach Preisanordnung 2014 vom 22.1.1963.[5] Die Fahrscheinerstellung kann erfolgen durch
- Eingabe der Tarifkilometer von Einstiegs- und Ausstiegshaltestelle
- Abruf der Tarifkilometer aus einem programmierbaren Linienspeicher, statt maueller Eingabe der Tarifkilometer.
Es können die Tarifkilometer von max. 8 Linien mit insgesamt max. 160 Haltestellen eingespeichert werden. - Direkteingabe eines Fahrpreises, wenn PAO 2014 nicht anwendbar ist
Fahrscheinarten
- Einzelfahrscheine mit und ohne Ermäßigung
- Mehrfachfahrscheine (Sammelfahrscheine)
- Gepäckscheine
- Fahrscheine incl. Rückfahrt
- Nullschein zur korrekten Abrechnung versehentlich oder falsch gedruckter Fahrscheine
Zum Schichtende musste ein Abrechnungsbeleg und ein Kontrollbeleg gedruckt werden. Danach wurden automatisch alle bis dahin erfassten Beträge aus dem Speicher gelöscht. Die Anzahl der Abrechnungen wurde im Gerät protokolliert, so dass eine illegale Zwischenabrechnung während der Schicht zwecks Unterschlagung der bis dahin erzielten Einnahmen bei der nächsten Abrechnung von der Abrechnungsstelle bemerkt worden wäre.
Für spezielle Auswertungen konnte ein besonderer Abrechnungsbeleg (Statistikbeleg) erstellt werden, dies durfte jedoch nur auf besondere Anweisung erfolgen.
FABUS 2000 für Standkassen
Als weitere Entwicklung für den Bereich Personenkraftverkehr stand der Fahrscheindrucker für Standkassen Fahrscheinterminal FABUS 2000 als Thema 318 auf dem Plan. Nach [7] war 06/88 die Entwicklungsstufe K1 (Pflichtenheft) abgeschlossen. Durch die Wende konnte der FABUS 2000 nicht mehr bis zur Produktionsreife geführt werden. Für den Fahrscheindruck wurde ein speziell für den Kraftverkehr produzierter Drucker Robotron K6316 (Kundenvariante) eingesetzt. Über ein modifiziertes IFSS-Schnittstellen-Modul erfolgte neben der Datenübertragung vom Rechner zum Drucker gleichzeitig die Stromversorgung der Rechnerbaugruppe aus dem Druckernetzteil.
Der Rechnerteil basierte auf dem Rechnermodul des Bordmikrorechners der 2. Generation, d.h. die gleiche ZRE wie im BOTAX 2000. Ebenso wurde das Bedienpanel des BOTAX 2000 eingesetzt, einmal am Bedienerplatz in vollständiger Version mit Tasten (Bedieneranzeige); ein zweites Panel in einer Gehäusevariante ohne Tasten war auf der Kundenseite des Verkaufsschalters als reines Anzeigemodul für den Fahrpreis platziert (Kundenanzeige).
Das Bedienkonzept zur Fahrscheinerstellung entsprach dem schon beim FABUS 1 eingeführten Schema. Allerdings musste es für die zusätzlichen Varianten beim Fahrscheinverkauf in stationären Verkaufsstellen erweitert werden, z.B. für die Erstellung von Wochen- und Monatskarten.[8] Dies hatte zur Folge, dass der FABUS 2000 deutlich mehr Tasten (32) besitzt, als der für den mobilen Einsatz konzipierte FABUS 1.
Neben einigen technischen Unterlagen konnten Fahrscheinmuster sowie ein Werbeartikel erhalten werden.
FABUS 1 Verschiedenes
FABUS 1 wurden auch nach der Währungsunion und Wiedervereinigung im Linienverkehr eingesetzt. Ein Augenzeuge berichtet, dass er Mitte der 90er Jahre in Dresden in einem Bus fuhr, der noch mit dem FABUS 1 ausgerüstet war. Er erwarb dabei den oben abgebildeten Fahrschein mit Datum 24.06.96. Die Angaben auf diesem Fahrschein beruhen auf einem km-Entgelt von 20Pf/km. Es ist mindestens ein existierendes Gerät nachweisbar, bei dem die Software zur Preisberechnung für einen Grundtarif von 15Pf/km umprogrammiert wurde.
Ein vollständiges Exemplar eines FABUS 1 ist im Bestand der Technischen Sammlungen Dresden.
Links und Quellen
[1] | (Hrsg): Bedienungsanleitung Mobiler Fahrscheindrucker FABUS 1. VE Verkehrskombinat Gera, VEB WTZ Kraftverkehr Dresden. Gera, Dresden 1987. |
[2] | (Hrsg): Bedienungsübersicht Fahrscheindrucker FABUS 1. VE Verkehrskombinat Gera, WTZ Kraftverkehr Dresden. Gera, Dresden 1987. |
[3] | (Hrsg): Serviceanleitung FABUS 1. VEB WTZ Kraftverkehr Dresden. Dresden 1987. |
[4] | (Hrsg): Abschlussbericht zum F/E-Thema Entwicklung eines mobilen Fahrscheindruckers (Stufe K11). WTZK. Dresden 1987. |
[5] | PAO Nr. 2014 vom 22.1.1963 - Personen-Kraftverkehrs-Tarif (PKT) - (Gbl. II Nr. 21). |
[6] | Fahrscheintechnik - Setright.
In: fahrscheinwesen.de. URL (Abruf 10.12.2017): http://www.fahrscheinwesen.de/ |
[7] | (Hrsg): Geschäftsbericht des WTZK für das Jahr 1988. WTZK. Dresden 1989. |
[8] | (Hrsg): Bedienungsanleitung Fahrscheinterminal FABUS 2000. VEB WTZ Kraftverkehr Dresden. Dresden 1990. |
[9] | (Hrsg): Lithiumbatterie LiS 2300 für Herzschrittmacher. Datenblatt. VEB Fahrzeugelektrik Pirna. |
[10] | Wikipedia: Lithium-Iod-Batterie.
In: Wikipedia. URL (Abruf 10.12.2017): https://de.wikipedia.org/ |